Entstehung der RAF
Die Abkürzung RAF habe ich das erste Mal durch den Geschichtsunterricht zuordnen können. Davor habe ich die Gruppe namentlich im Hinterkopf abgespeichert, ohne zu wissen, wofür sie stehen und warum man über ihre Taten spricht.
Seit längerer Zeit schon möchte ich mehr über den linken Terror in Deutschland erfahren, da ich mich im letzten Schuljahr ausführlich mit dem Terror aus dem rechten politischen Spektrum befasst habe.
Die Gelegenheit bot sich nun mit der Aufgabe, einen „Erinnerungsort“ zu beschreiben. Somit lautet die Problemfrage:
„Ist die Rote-Armee-Fraktion ein Erinnerungsort?“.
Ein Erinnerungsort bezieht sich nicht nur auf Orte, sondern auch auf Firmen, Menschen oder in diesem Fall eine Gruppierung. Dieser „Ort“ muss sich für das kollektive Gedächtnis einer sozialen Gruppe und als historischer und sozialer Bezugspunkt etabliert haben. Außerdem muss er für die jeweilige Erinnerungskultur prägend sein.
Daraus ergibt sich, dass folgende Fragen im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen: Wie ist die RAF entstanden? Was waren die Motive? Inwiefern hat sie sich verändert? Wie kam es zur Auflösung?
1 Erste Generation (1970-1975)
1.1 Beginn der RAF
Die Rote-Armee-Fraktion nannte sich zu Beginn Baader-Meinhof-Bande, da diese zwei Personen die prägenden Gesichter der Gruppe waren. Erst später gaben sie sich den Namen Rote-Armee-Fraktion, kurz RAF. Ihre Ziele waren die staatliche Ordnung und die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der BRD sowie die Nato durch Gewalttaten, wie Mord- und Sprengstoffanschläge, zu bekämpfen.
In den 60er Jahren gab es eine große Empörung, vor allem von Studenten, unter anderem gegen den Krieg in Vietnam, insbesondere die Napalm-Bombardierungen, die westliche Überflussgesellschaft und das gewaltsame Verhalten gegenüber Demonstranten. Zum Höhepunkt kommt es im Sommer 1967, als Benno Ohnesorg, ein 26 Jahre alter demonstrierender Student, bei der Demonstration gegen den Besuch des Schahs Reza Pahlvi von einem Polizisten ermordet wird. Daraufhin kommt es zu weiteren Demonstrationen in Berlin und Andreas Baader und Gudrun Ensslin treffen das erste Mal aufeinander. Beide führen in der Zeit Brandanschläge in westdeutschen Kaufhäusern durch. Dafür werden sie verhaftet und verurteilt. Während des Prozesses kommt es zum ersten Kontakt zwischen Ensslin und Ulrike Meinhof, welche für eine Zeitungsrecherche vor Ort ist. Sie ist von Ensslin und ihren Taten sehr beeindruckt.
Ein Jahr später werden Ensslin und Baader mit Auflagen aus dem Gefängnis entlassen. Jedoch tauchen sie unter und kehren 1970 nach Berlin zurück. Sie erhalten bei Ulrike Meinhof Unterschlupf. Am 4. April 1970 wird Baader verhaftet. Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Horst Mahler versuchen ihn zu befreien, was ihnen auch am 14. Mai gelingt.
Ab diesem Zeitpunkt wird nach der „Baader-Meinhof-Bande“ gefahndet. Sie besteht aus folgenden Mitgliedern: Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Manfred Grashof, Wolfgang Grundmann, Astrid Proll, Bernhard Braun, Horst Mahler, Jan-Carl Raspe, Holger Meins und Ulrike Meinhof.
Die erste Generation folgte einer klaren Struktur mit einer internationalistischen Programmatik. Sie sehen sich als Fraktion, welche einen weltweiten Aufstand gegen Imperialismus und Kapitalismus organisiert. Es ist eine klare Nähe zu der Idee revolutionärer Kriegsführung erkennbar, welche mit Namen wie Fidel Castro oder Che Guevara verbunden ist. Somit verknüpft sich die erste Generation unverkennbar mit dem Castrismus und Maoismus. Interessant ist die Beziehung zwischen der RAF und der Sowjetunion. In dem „Konzept Stadtguerilla“ wird Kritik an dem orthodoxen Kommunismus und der Sowjetunion das erste Mal erkennbar. Sie kritisieren in einem Schreiben „den Ausgleich und das Bündnis zwischen US-Imperialismus und der Sowjetunion“. Zum Thema „Gewalt gegen das Volk“ verliert die RAF auch klare Worte. „Dieser richtet sich selbstverständlich nicht gegen das Volk. […] ausschließlich gegen Exponenten des Ausbeutungssystems.“
An diese Aussage halten sie sich nicht lange. Sie wollen eine kriegsrechtskonforme Guerillastrategie umsetzen, setzen aber Anschläge um, die Personenschaden von Unbeteiligten in Kauf nehmen. Ihre Aktivitäten begründen sie jeweils ideologisch. Zum Beispiel erklären sie die Anschläge auf die US-Stützpunkte damit, dass die BRD Truppentransporte der amerikanischen Streitkräfte unterstütze. Auch der Anschlag auf das Springer-Haus zeigt, dass ihre Programmatik nicht konsequent umsetzbar ist.
1.2 Anschlag auf den Springerverlag
Am 19. Mai 1972 werden fünf Sprengkörper, mit einer Rohrlänge von 20 cm, einem Durchmesser von 15,9 cm und einem Sprengstoffgemisch von 4 kg im Hamburger Verlagshaus platziert. Um 15:35 Uhr geht ein Anruf mit den Worten, „Gleich geht eine Bombe hoch.“ ein. Um 15:39 Uhr wird der Sicherheitsbeauftragte der Innenverwaltung informiert. Eine Minute später geht im 3. Stock die erste Bombe hoch. 2 Mitarbeiter erleiden Kopfverletzungen und Kieferbrüche. Der nächste Anruf trifft unmittelbar danach ein: „Es werde gleich noch ein weiteres Mal knallen“. Die Damentoilette im 6. Stock wird verwüstet. Die restlichen Sprengkörper detonieren wegen eines Fehlers nicht. Das Bekennerschreiben folgt noch in der gleichen Nacht. Die Kosten belaufen sich auf eine Höhe von 336.000 DM.
1.3 Ende der ersten Generation
Im Juni 1972 kommt es zu zahlreichen Festnamen rund um die RAF. Am ersten Juni werden Raspe, Baader und Meins in der Nähe einer von der Polizei observierten Garage festgenommen. Es fallen Schüsse und Tränengas wird eingesetzt. 6 Tage später wird Gudrun Ensslin in einem Kleidungsgeschäft von der Polizei in Gewahrsam genommen, weil eine Verkäuferin eine Waffe in ihrer Jacke findet. Am 9. Juni werden dann auch noch Brigitte Mohnhaupt und Bernhard Brau festgenommen und Ulrike Meinhof, Gerhard Müller werden einige Tage später inhaftiert. Mit den Festnahmen enden die Anschläge, ausgehend von der ersten Generation.
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